Geschäftsberichte und Hauptversammlungen neu denken: digital, kollaborativ und interaktiv
Geschäftsberichte und Hauptversammlungen sind notwendig, um das Geschäftsjahr eines Unternehmens Revue passieren zu lassen. Sie zu erstellen und zu organisieren, ist jedoch oft ein mühsamer organisatorischer Kraftakt.
Dazu sind Jahres- und Finanzberichte sperrige Dokumente, die häufig als PDF-Download veröffentlicht werden – sprich: in einem statisch-analog konzipierten Layout, das in einem dynamischen digitalen Kontext für unterschiedlichste Endgeräte bereitgestellt wird. Diese gängige Praxis verschlechtert das Leseerlebnis und erschwert die Indizierung für Suchmaschinen. So verpassen Stakeholder mitunter wichtige Informationen. Darüber hinaus erschwert mangelhafte Verschlagwortung (Tagging) die Zugänglichkeit von PDF-Dokumenten. Das ist das Gegenteil von Barrierefreiheit. Vom nervig endlosen Scrollen und Zoomen durch ein PDF auf einem mobilen Gerät ganz zu schweigen.
Dazu kommt, dass während der Pandemie Konferenzen nur digital stattfinden können. Live-Streaming hat stark an Popularität gewonnen, Video-Kongresse sind aktuell en vogue. Sie stoßen jedoch an Grenzen, wenn sie sich an ein globales Publikum richten. Zum Beispiel liegen Berlin und Sydney mehr als 9 Stunden auseinander. Ein Zeitunterschied, der ein Zusammenkommen innerhalb der Arbeitszeiten deutlich erschwert.
In diesem aktuellen Szenario voller Ungewissheiten, aber auch angesichts der vielen digitalen Möglichkeiten haben wir uns automatisch gefragt: Was wäre, wenn wir Geschäftsberichte und Hauptversammlungen in ein einzigartiges digitales Erlebnis verwandeln könnten? Bevor wir zu dieser zentralen Frage kommen, sind wir einen Schritt zurück gegangen und haben überlegt: Warum müssen Versammlungen überhaupt stattfinden? Was ist ihr Sinn und Zweck? Das Kommunizieren, das Diskutieren, der Austausch von Ideen … Doch gibt es nicht andere, effektivere Möglichkeiten, als ein analoges Veranstaltungsformat einfach nur 1:1 trivial-digital zu streamen – und triviale, weil analog gedachte Jahresbericht-PDFs zum Download bereitzustellen?
Programmpunkte einer typischen Hauptversammlung sind die Abstimmung über die Vollmachtserklärung, die Überprüfung der finanziellen Lage, die Diskussion neuer Aktivitäten und Projekte sowie die Verkündung der Dividende. Ein kollaborativer digitaler Raum kann genau das und viel mehr bieten, ohne dass eine physische Teilnahme vor Ort erforderlich ist – nicht mal eine zeitgleiche virtuelle. Zum Beispiel könnten das Unternehmen und die Aktionär:innen direkt in einem Online-Entwurf des Geschäftsberichts kritische Punkte prüfen, Fragen stellen und über gewisse Themen bereits abstimmen. Die Antworten der einzelnen Teilnehmenden werden automatisch den jeweiligen Diskussionen zugeordnet. Das hilft wiederum den Vorstandsmitgliedern dabei, den Überblick über das kollektive Feedback zu behalten. Ein technisches Feature zeigt immer die neusten Aktivitäten an und hält somit alle an der Diskussion zu einem Thema Beteiligten auf dem Laufenden. Außerdem können die Aktionär:innen zukünftige Meilensteine setzen und den Fortschritt vergangener und zukünftiger Ziele überwachen. Auch der Vergleich von Finanzdaten aus früheren Berichten und von Wettbewerbern wäre denkbar, um so die finanzielle Lage des Unternehmens mit interaktiven Infografiken zu analysieren.
Während der kollaborative Teil im Vorfeld nur für Aktionär:innen zugänglich ist, wird der interaktive Geschäftsbericht für die Allgemeinheit veröffentlicht. Und zwar als aussagekräftige Erzählung für die Presse, die allgemeine Öffentlichkeit und für potenzielle Investor:innen in verschiedenen medialen Formaten: in Textform in einem responsiven Layout, zum Hören als Podcast, mit Videos, mit interaktiven Grafiken etc.
Die Vorteile eines solchen kollaborativen digitalen Workflows zum Erstellen von Geschäftsberichten sind vielfältig: Verglichen mit der Erstellung von Geschäftsberichten und Hauptversammlungen ist ein solcher Workflow relativ kostengünstig, sobald er initial eingerichtet ist. Zweitens sorgt er dafür, dass die Kommunikation über wichtige Angelegenheiten zwischen dem Unternehmen und den Aktionär:innen übersichtlich und transparent bleibt. Außerdem verbessert sich die allgemeine Benutzerfreundlichkeit und Auffindbarkeit, da Inhalte nicht mehr in sperrigen PDFs stecken. Alle Interessierten können über jedes (auch mobile) Gerät auf alle veröffentlichten Informationen zugreifen. Suchmaschinen können spezifische Anfragen präzise zuordnen. Schließlich lockt der kollaborative digitale Workflow potenzielle Investoren an, mehr über die unternehmerischen Potenziale des Unternehmens zu erfahren – um möglicherweise in das Unternehmen zu investieren.
Taha Bader | User Experience Designer | Shanghai.Berlin
Innovaion und Shanghai.Berlin setzen gemeinsam digitale Workflows um.
Der Originalartikel erschien 2021 auf dem Future Engineering Blog: